Kulinarische Verwirrung
Kolumne November 2018
Mit dem Ende der Frühlingsferien begann das letzte Quartal des neuseeländischen Schuljahres. Dieses besteht für Seniors, also Schüler der 11. - 13. Klasse, aus gerade einmal drei Wochen normalem Schulprogramm. Danach bekommen die Jugendlichen Zeit, sich auf die Jahresabschlussprüfungen vorzubereiten. Da ich als International diese Prüfungen jedoch nicht mitschreiben muss, durfte ich mit knapp 50 Austauschschülern meiner Schule ein Alternativprogramm absolvieren.
Die erste Woche des Spezialprogramms bestand aus diversen Aktivitäten wie Bekochen der Lehrerschaft, Besuch eines Marae (Versammlungsstätte der Maori) und Austoben im Trampolinpark. In der zweiten Woche absolvierten wir dann mit dem Outdoor Education Department ein viertägiges Kajak-/Wandercamp im Abel Tasman Nationalpark. In Vierergruppen teilten wir uns zwei Zelte, zwei Rucksäcke, ein Zweierkajak und einen Kocher. Das Lager war definitiv ein guter Vorgeschmack auf den bevorstehenden Sommer, denn praktisch nie war ein Wölklein zu sehen.
Genau, Sommer! Momentan schmücken in den Kleidergeschäften Puppen mit Weihnachtsmützen, T-Shirts und Badehosen die Schaufenster. Obwohl einem auch hier schon seit Anfang November eingetrichtert wird, dass jeder einen Adventskalender braucht, kommt bei mir gar keine Weihnachtsstimmung auf. 30 Grad, Grillpartys und Glace klingen ja schön, haben aber meiner Meinung nach nichts mit Weihnachten zu tun.
Doch da hört die Verwirrung nicht auf. Der neuseeländische Akzent stammt prinzipiell vom «British English» ab, wobei er aber auch viele Wörter aus Te Reo Maori, der Sprache der Eingeborenen Neuseelands, übernommen hat. In den letzten Jahren beeinflusste aber besonders Amerika das Vokabular. Pommes Frites werden hier, wie in Grossbritannien, noch «Chips» genannt. In den USA nennt man die frittierten Kartoffelstreifen «French Fries». Bei den Chips, also den Kartoffelscheiben, die sich zum Beispiel als Apéro eignen, ist dies aber umgekehrt. Dort sagen Briten «Crisps», Amerikaner und Neuseeländer aber «Chips». Somit brauchen Pommes Frites und Chips hier dasselbe Wort.
Was ist ein Hotdog? Sie denken jetzt wahrscheinlich an ein Wienerli in einem Brötchen mit Ketchup oder Senf. Doch hier gibt es zudem den neuseeländischen «Hot Dog»: eine frittierte Wurst, ähnlich wie ein amerikanischer «Corn Dog». Somit gibt es auch zwei Hotdogs. Doch in Neuseeland isst man sowohl Hotdogs, als auch Chips nicht mit Ketchup. In Aotearoa heisst das nämlich «Tomato Sauce», genau wie die Tomatensauce für Spaghetti.
Wenn ich jetzt zum nächsten Imbiss ginge und mir «hot dog, a scone of chips with some tomato sauce» bestellen würde, gäbe es rein sprachlich acht unterschiedliche Kombinationen, die schlussendlich auf meinem Teller landen könnten. Da gehe ich lieber in ein Café und geniesse einen Donut. Doch auch bei diesem Wort ist ungewiss, was ich essen werde, weil es selbstverständlich auch hier zwei Bedeutungen gibt!
Veröffentlicht im Wohler Anzeiger / Bremgarten Bezirksanzeiger am 23. November 2018